In diesen Wochen erleben wir ein unwürdiges Schauspiel und populistische
Stimmungsmache gegen Griechenland. Deshalb meine Anmerkungen dazu:

I Zögern schadet Europa – Jetzt entschlossen handeln
Seit Wochen drückt sich die Kanzlerin um Entscheidungen herum. Um es klar zu sagen. Sie hat sich das Image der „Madame No“ und der „eisernen Kanzlerin“ quasi eine zweite Maggi Thatcher geben wollen. Dadurch ist Deutschland an der weiteren Verschärfung der Krise nicht unschuldig. Die Bundesregierung hat sich einer raschen Hilfszusage für Athen verweigert. Sie hat die EU gebremst, die dem wankenden Euro-Staat gern schon vor Wochen Hilfe gegeben hätte. Die vagen "Ultima-Ratio"-Erklärungen aus Berlin dagegen beruhigten die Märkte nicht: Die Risikoaufschläge für griechische Anleihen steigen in astronomische Höhen, der Euro gerät ins Rutschen, die Krise droht auf Portugal und Spanien überzugreifen. Für kurzfristige griechische Anleihen würden mittlerweile Zinsen von über 16 Prozent verlangt. Gleichzeitig hätten Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit von Griechenland und Portugal weiter herabgestuft. Plötzlich steht die europäische Währungsunion als Ganzes auf dem Spiel. Kanzlerin Merkel versuchte zu verschleiern, bis die Wahl in Nordrhein-Westfalen gelaufen ist. Diese Verzögerungstaktik kostet jeden Tag viele Millionen Euro. Sie lädt Spekulanten förmlich ein weiter gegen Griechenland zu wetten. Zu Beginn der Krise lagen die Zinsen für griechische Staatsschulden noch bei knapp über fünf Prozent. Hätte Europa zu diesem Zeitpunkt rasch gehandelt und einen echten europäischen Notfallfonds in Verantwortung der EU-Kommission aufgelegt wie bei Lettland und Ungarn, wären die Griechen wahrscheinlich mit einem blauen Auge davon gekommen. Und es ist völlig klar, wenn wir in dieser Krise nicht entschlossen handeln, dann werden schnell andere Länder zum Spielball. Gerade wir in der Bundesrepublik haben ein starkes Interesse an einer stabilen Währung und einem funktionsfähigen Wirtschaftsraum. Insofern liegt eine vernünftige Lösung in unserem Eigeninteresse. Wir sitzen alle im Euro-Boot.

II Verantwortung gemeinsam schultern
Gemeinsame Verantwortung für die Stabilität der Euro-Zone und Solidarität untereinander gehen Hand in Hand. Genau dieses Bekenntnis zur Solidarität aber kam und kommt Angela Merkel, Guido Westerwelle, Wolfgang Schäuble und Co. viel zu schwer über die Lippen. Die sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament spricht sich mit Nachdruck für einen europäischen Krisenmechanismus aus, um ein Übergreifen der Schuldenkrise auf andere Länder zu verhindern. Darüber hinaus braucht Europa eine gemeinsame Haushaltskontrolle und eine abgestimmte Wirtschafts- und Steuerpolitik.

III nationaler Chauvinismus hilft nicht weiter
Wenn die Bild-Zeitung schreibt: „Bild fährt ins Land der Bankrotteure, der Luxusrenten, der Steuerhinterzieher und Abzocker“ dann wird nationaler Chauvinismus wieder aus der Mottenkiste geholt. 60 Jahre europäische Einigung zeigen eindrucksvoll, dass Frieden und Wohlstand durch Solidarität wächst und nicht durch Spalterei und Hass.
Die alte griechische Regierung hat den Karren in den Sumpf gefahren. Klar muss Athen jetzt seine Hausaufgaben machen. Das sieht die Mehrheit der Griechen selbst so. Aber nun die nationalistische Karte aus dem Keller zu holen, zerstört unser ökonomischen Grundlagen und unser friedliches Miteinander in der EU. Bei Finanzhilfen für Athen geht es eben nicht darum, den angeblich faulen Griechen ein Leben in Saus und Braus zu spendieren.
Jeder fünfte Grieche lebt von weniger als 7000 Euro im Jahr und somit in Armut. Griechenland gehört damit zu den Ländern mit den höchsten Armutsgefährdungsquoten in Europa. Die griechischen Kolleginnen und Kollegen müssen unter harten Bedingungen die Suppe auslöffeln, die andere ihnen eingebrockt haben.
Wir können nicht zulassen, dass sie verunglimpft und abgestempelt werden.

IV Verursacher ins Boot holen
Die deutschen und europäischen Banken müssen sich substanziell an den Griechenland-Hilfen beteiligen. Denn es sind die Banken gewesen, die Kredite gewährt haben (ca. 45 Mrd. Euro) und an den Spekulationen gegen Griechenland verdienen. Es kann nicht sein, dass deutsche und europäische Steuerzahler diese Zockerei der Banken ein zweites Mal bezahlen müssen Es wäre nur konsequent, wenn sie jetzt auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Die Verursacher müssen endlich in die Verantwortung genommen werden.

V Regulierung der Finanzmärkte jetzt
Die griechische Schuldenkrise wurde durch die Spekulation auf den internationalen Finanzmärkten angeheizt und hat diese noch verstärkt. Seit einem halben Jahr zocken u.a. Hedge-Fonds und Investmentbanken mit so genannten Kreditausfallversicherungen auf eine Pleite Griechenlands.
Dies ist ein weiteres Argument neben der Finanzkrise von 2008 endlich eine umfassende Regulierung des Finanzmarktes anzugehen. Hieran müssen sich alle messen lassen. Von Seiten der Konservativen gibt es schon erste Signale Hedgefonds doch nicht so stark zu begrenzen und Leerverkäufe nicht zu verbieten oder beim Derivathandel nicht auf solide Geschäftstätigkeit und völlige Transparenz zu setzen. vor allem wolle Konservative nicht mitmachen, spekulative Geschäfte in ihren Verschuldungsgrad zu begrenzen. Es darf jedoch nicht sein, dass weiterhin hoch spekulative Geschäfte nur mit geliehenem Geld gemacht werden können.


Hannover, im Mai 2010